Viele Kleinigkeiten für eine große Sache – 1. FC Brelingen erhält „Horst-Eckel-Preis“

Hennef, 30. März 2021 – In diesem Jahr wurde die Verleihung der Sepp-Herberger-Urkunden aufgrund der Corona-Pandemie am vergangenen Montagabend als TV-Show auf DFB-TV übertragen. 16 Preisträger erhielten in den Kategorien Behindertenfußball, Resozialisierung, Schule und Verein, Fußball Digital, Corona-Engagement sowie Sozialwerk Geldpreise in einer Gesamthöhe von 55.000 Euro. Der „Horst-Eckel-Preis“ in der Kategorie Sozialwerk ging an den 1. FC Brelingen aus dem Niedersächsischen Fußballverband. Der freie Redakteur Wolfram Kämpf stellt den Klub vor. 

Streng genommen gibt der Titel der Benefizaktion die Situation nur aus einer Perspektive wieder. „Kleinigkeit für Mathea“ so lautete das Motto, das die Fußballer des 1. FC Brelingen ausriefen, um der Tochter eines ehemaligen Mitspielers zu helfen. Mit vielen, für den Einzelnen kleinen Beiträgen – so die Idee – sollten möglichst viele Menschen dazu beitragen, das Leben der inzwischen Dreijährigen zu erleichtern. Denn das kleine Mädchen hat es mit alles anderem als einer Kleinigkeit zu tun: sie leidet an einem lebensbedrohenden Gendefekt.

Ein Enzym, das für die Funktion der Leber verantwortlich ist, arbeitet nicht wie bei gesunden Menschen. Dadurch ist sie rund um die Uhr von einer lebensgefährlichen Unterzuckerung bedroht. Alle Überwachungssysteme, die bei einem Abfallen des Blutzuckerspielgels mit akustischen Signalen Alarm schlagen, scheiden allerdings aus. Denn Mathea ist von Geburt an taub. Bislang übernehmen die Eltern die Aufsicht, die eine Menge Kraft erfordert. Denn auch nachts sind regelmäßige Kontrollen des Blutzuckerspiegels erforderlich. Zudem ist eine spezielle Diät nötig, um langfristigen Folgen der Erkrankung vorzubeugen. Der Gendefekt kann andernfalls chronische Darmentzündungen, Leberwucherungen oder Paradontitis nach sich ziehen.

Früh war klar, dass für die Bewältigung des Alltags ein besonders ausgebildeter Hund eine große Hilfe darstellen kann. Denn diese Vierbeiner können die Anzeichen der gefährlichen Unterzuckerung dank ihres sensiblen Geruchssinns wahrnehmen und Alarm schlagen. „Anschaffung und Ausbildung so eines Hundes kosten rund 20.000 Euro, von denen die Krankenkasse nur einen kleinen Teil übernimmt“, sagt Martin Damaske, der Coach der Kreisklasse-Mannschaft, die wenige Kilometer nördlich der Landeshauptstadt Hannover zu Hause ist. Als kleiner Verein verliere man auch die Ehemaligen nicht aus den Augen und so habe man von Matheas Geschichte erfahren. „Einer der Jungs hat gesagt, dass wir etwas machen müssen. Zumal Matheas Mutter angesichts der intensiven Betreuung nicht arbeiten gehen könne und das Geld entsprechend knapp sei.“

Einiges bewegt

Es blieb nicht beim bloßen Vorsatz, sondern es wurde angepackt, organisiert und einiges bewegt. „Wir haben uns informiert, wie wir das machen können und einen Weg gefunden, damit die Spenden ordnungsgemäß verbucht werden können“, erinnert sich Damaske. Ziemlich schnell habe sich eine positive Dynamik entwickelt. Das Team lancierte einen allgemeinen Spendenaufruf in den lokalen Medien und schuf eine eigene Facebook-Seite, um weitere Aufmerksamkeit zu erzielen und alle Unterstützer stets über den aktuellen Stand der Bemühungen zu informieren. Ende Januar stand dann die erste Aktion mit großer Tragweite an: Das alljährliche zweitägige Hallenmasters in der Wedemark-Sporthalle wurde zum Benefiz-Turnier umfunktioniert. Die zwölf Herren- und zehn Frauen-Mannschaften zahlten eine Teilnahmegebühr für den guten Zweck und auch der Erlös der Tombola sowie die Einnahmen aus dem Verkauf von Kaffee, Kuchen, Cola und Würstchen landeten auf dem Spendenkonto. „Einer der Spieler hat es damals auf den Punkt gebracht, als er gesagt hat, dass wir in den Farben getrennt, aber in der Sache vereint seien“, berichtet der 35-Jährige, der sich mit seinen Mitstreitern über einen stattlichen Spendenbetrag freuen konnte. Doch damit nicht genug. Denn wieder berichteten die örtlichen Medien, wieder wuchs die Aufmerksamkeit. Und so riss der Spendenzufluss nie ganz ab. Hinzu kam eine Benefizaktion der Zentralen Polizeidirektion. Dort ist Matheas Vater in der Kantine tätig. Letztlich kam genug Geld zusammen, was Damaske mit Stolz erfüllt. „Fußball ist eben mehr als nur ein Spiel, Fußball steht auch für soziale Verantwortung, verbindet und kann Wunder wahr werden lassen“, sagt der Trainer.

Der neue Mitbewohner ist da

Im Oktober war es dann soweit. Mathea durfte endlich ihren neuen Mitbewohner und Begleiter begrüßen. Nzo Lucky lautet der Name des kleinen Hundes, der nun zur Familie gehört. „Nzo“ kommt aus einer Stammessprache aus Ghana und bedeutet „Mein Freund“. Da Matheas Vater ghanaische Wurzeln hat, lag dieser Name nahe. Der Rufname Lucky, also glücklich, bedarf sicherlich keiner längeren Erklärung. Mathea und ihre Eltern waren schließlich im Herbst einfach nur glücklich, den vierbeinigen Helfer nun im Hause zu wissen.

Vergessen waren ein turbulentes Frühjahr und ein bewegter Sommer. Zwar hatte die große Anteilnahme für Freude in den Reihen der Familie gesorgt, doch die Pandemie erforderte von Matheas Eltern besondere Vorsicht. Denn ihre Kleine gehört angesichts der Erkrankung der Risikogruppe an. Für die ganze Familie sei mit der Anschaffung des Assistenzhundes ein Traum in Erfüllung gegangen, so Damaske, der regelmäßig Kontakt zur Familie hat. „Sie sind einfach unfassbar dankbar“, erklärt der Coach. Und auch Lucky sei auf einem guten Weg, um künftig seinen Aufgaben als Therapiehund gerecht zu werden. Das gehe aber nicht von heute auf morgen, sagt Damaske. Doch mit langfristigen Projekten hat er zuletzt ja gute Erfahrungen gemacht.

Hinweis für die Redaktionen
Ein Video zum Engagement des 1. FC Brelingen steht unter https://tv.dfb.de/video/sepp-herberger-urkunde-2021-kategorie-sozialwerk/29802/ zur Verfügung.